sunflower-klein02
millionengrab2
images02
plakat-soziales-212x300neu302
Zeichen gegen das Vergessen

bnn44

27. Mai 2008

 

Zeichen gegen das Vergessen

Individuelle Grabmalgestaltung hilft bei der Erinnerung / Es gibt Grabmalpatenschaften

Schmetterling und Phönix als Auferstehungssymbole

Grabmale sind Lebenszeichen, die von verstorbenen Menschen erzählen. Ihre Aussagekraft entsteht durch die Gestaltung, das Material, die Daten und weiteren Informationen, die darauf aufgebracht sind. (Siehe auch Hintergrund.)
Für Matthäus Vogel, den Chef des Karlsruher Friedhof- und Bestattungsamtes, ist es wichtig, dass man den Verstorbenen, auf den hingewiesen wird, mit Hilfe des Grabmals wieder finden kann. „Dafür ist kein opulentes Grabmal notwendig, weniger ist oft mehr“, sagt er.

Die Grabmalkunst wird sehr stark von Symbolen geprägt. Symbole für das ewige Leben, für Hoffnung und Auferstehung, für Liebe, Treue und vieles andere. Stechpalme, Aloe und Lorbeer sind beispielsweise Symbole des Lebens, die Rose steht für die Liebe, Efeu für Treue.

An die Auferstehung erinnern Kruzifix, Schmetterling und das Bild des Phönix. Eine Weinrebe beispielsweise kann das richtige Sinnbild für einen Weinbauern oder einen Gastwirt sein, eine Art „posthume Visitenkarte“.

Bei der Auswahl und Gestaltung des Grabmals ist nach Vogels Erfahrung eine intensive Beschäftigung mit dem Leben des Verstorbenen unverzichtbar. Nur so könne ein einzigartiges Exponat entstehen, das sozusagen die Stelle des Verstorbenen einnimmt und zu einer gewissen Kommunikation mit dem Betrachter anregt. „In der Auseinandersetzung mit der künstlerischen Gestaltung gehen die Angehörigen zusammen mit dem Steinmetz oder Holzbildhauer einen wertvollen Trauerweg“, ist er sicher.

Weil das Ganze eine so sensible Angelegenheit ist, hat das Friedhofsamt einen Mitarbeiter, Diplom-Ingenieur (FH) Rainer Hornung, exklusiv für die Information und Beratung der Trauernden abgestellt. Er klärt Fragen wie „Warum überhaupt ein Grabzeichen?“ oder „Was passt besser zu dem Verstorbenen, Holz, Glas, Keramik oder Stein?“ Hornung informiert laut Vogel objektiv und firmenneutral.
Dabei erläutert er beispielsweise auch die Vor- und Nachteile verschiedener Gestaltungen und Materialien. Jeweils mittwochs zwischen 14 und 17.30 Uhr besteht im Info-Center am Hauptfriedhof die Gelegenheit zur kostenlosen Beratung. Um Wartezeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, telefonisch unter 1 33 - 69 42 oder 7 82 09 33 einen Termin zu vereinbaren.

Es gibt in Karlsruhe auch die Möglichkeit, ein historisch wertvolles Grabmal in Patenschaft zu übernehmen und mit den Namen und Daten des verstorbenen Angehörigen zu versehen. Diese „Grabmalpatenschaften“ wurden vor etwa fünf Jahren ins Leben gerufen. Viele Hinterbliebene haben diese Möglichkeit schon genutzt, aber auch Menschen, die sich ihr eigenes Grabmal aussuchen wollten.
Matthäus Vogel spricht von bis jetzt 50 Patenschaften, die helfen, die Besonderheiten der Friedhofskultur für die Nachwelt zu erhalten. Diese „Paten“ setzen die denkmalgeschützten Grabmale instand, lassen sie restaurieren und pflegen die Grabstätte.

Laut Vogel warten noch viele wunderschöne Exponate auf interessierte Menschen. Solch einzigartige, oft uralte Steine könnten für die betreffenden Familien einen ganz besonderen Wert darstellen. Monika John

 

Hintergrund

Grabsteine ohne Kinderarbeit

„Wer sicher sein möchte, dass der Grabstein für seinen lieben Verstorbenen ohne Kinderarbeit hergestellt wurde, entscheidet sich am besten für einen einheimischen Naturstein“, empfiehlt Matthäus Vogel, Chef des städtischen Friedhofs- und Bestattungsamtes. Sicherheit schenke auch das Gütesiegel Xertifix, das von der unabhängigen Organisation Xertifix vergeben wird. Diese hat Projektpartner in Indien, die sich in den dortigen Steinbrüchen genau umsehen und kontrollieren, ob dort Kinder arbeiten. Dafür bekommt Xertifix drei Prozent des Importwertes der Steine. Werden Kinder gefunden, dann holt die Organisation, die in Deutschland von Norbert Blüm vertreten wird, sie aus dem Steinbruch und sorgt für ihre Schulausbildung.

Zwischen einem und zwei Drittel aller Grabsteine in Deutschland werden aus Indien importiert und sind wesentlich billiger als deutsche. Da die Steine als Ballast für Containerschiffe gefragt sind, kostet der Transport fast nichts. Doch in den indischen Steinbrüchen schuften viele Kinder. Sie arbeiten die Schulden ihrer Eltern ab. Offiziell ist die sogenannte „Schuldknechtschaft“ verboten. Das Gütesiegel Xertifix und der danach benannte Verein wurden von Benjamin Püttner, dem Kinderarbeitsexperten von Misereor Deutschland, ins Leben gerufen. „Den Handel mit Grabsteinen ohne Zertifikat kann man leider nicht verbieten“, bedauert Matthäus Vogel. mjo

 

zur Startseite