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Widerstand gegen Grabsteine aus Kinderhand

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27.Oktober 2007

 

Widerstand gegen Grabsteine aus Kinderhand

 

Grüne wollen Friedhofssatzung ändern - Unterstützung von Evangelischer Landeskirche

 

Stuttgart - Der globale Markt macht auch vor den Friedhöfen im Südwesten nicht halt. Viele Grabsteine stammen aus indischen Steinbrüchen - wo laut Menschenrechtlern hunderttausende Kinder schuften. Protest regt sich jetzt bei einem Verein aus Freiburg und den Karlsruher Grünen.

VON HILMAR PFISTER

Der Mann, der für die gute Sache kämpft, ist nicht so einfach zu erreichen. Man ruft eine Telefonnummer in Indien an, lässt es lange klingeln, und wenn man Glück hat, nimmt Benjamin Pütter ab. Er ist der Geschäftsführer des Freiburger Vereins Xertifix, und an fünf Monaten im Jahr hält er sich in Indien auf. Dann besucht er die vielen Steinbrüche des Landes und schaut sich an, wie die Menschen dort arbeiten - und vor allem wer. "Ich habe auf meiner aktuellen Reise wieder Kinder dort arbeiten sehen und sie auch fotografiert", sagt er.

Steinhändler und Steinmetze aus Deutschland schätzen indischen Naturstein vor allem wegen des günstigen Preises. Kostet ein Grabstein aus deutscher Produktion 500 Euro, so kommt indisches Material gerade mal auf ein Fünftel davon. Und das Geschäft mit der billigeren Variante läuft gut: Der Bundesinnnungsverband Deutscher Steinmetze schätzt, dass jeder fünfte Grabstein auf deutschen Friedhöfen aus Indien stammt - Pütter selbst geht von weit höheren Zahlenaus.

In den Steinbrüchen von Indien arbeiten mehr als eine Million Menschen - Menschenrechtsorganisationenschätzen, dass 150 000 Minderjährig sind. Um sie zu schützen, hat der Verein Xertifix ein Gütesiegel eingeführt. Es wird vergeben an indische Steinbrüche, die nachweislich keine Kinder schuften lassen, und auch an deutsche Importeure und Steinmetze,die sich an diese Regel halten. Das Siegel wurde bereits an drei Großexporteure verliehen, zudem an vier Unternehmen aus Deutschland. Darunter auch die Firma Seib aus Karlsruhe.
"Immer mehr Kunden kommen auf uns zu und verlangen nach Grabsteinen, die nicht in Kinderarbeit hergestellt wurden", sagt Susanne Seib. 1000 bis 1500 Tonnen an Naturstein importiert die Firma jedes Jahr aus Indien. Das meiste davon wird zu Pflastersteinen oder Treppenstufen verarbeitet.

Mit dem Siegel seien sie im Vorteil, wenn öffentliche Bauaufträge ausgeschrieben werden, sagt Susanne Seib. Denn viele Städte im Südwesten - darunter Stuttgart, Freiburg und Ettlingen – haben sich verpflichtet keine Baumaterialien mehr zu kaufen, bei denen nicht zweifelsfrei nachzuweisen ist, dass sie nicht in Kinderarbeit hergestellt wurden. Diese Verpflichtung gilt jedoch nur für öffentliche Ausschreibungen, auf Friedhöfen entscheidet der Kunde selbst, welchen Grabstein er kaufen will. Meist greift er zum preislich Günstigsten.

Ändern könnte diese Praxis allein eine Änderung der Friedhofssatzung, so wie sie nun die Karlsruher Grünen für ihre Stadt anstreben. Sie fordern, dass nur Grabsteine aufgestellt werden dürfen, die frei von Kinderarbeit sind. Sollte der Antrag vom Gemeinderat genehmigt werden, wäre Karlsruhe nach Angaben der Grünen die erste Stadt in Baden-Württemberg ohne Grabsteine, "für die Kinder ihre Gesundheit und ihr Leben ruinieren müssen". Es wäre auch ganz im Sinne der Evangelischen Landeskirche: "Für diese Art von Kinderarbeit gibt es keine Rechtfertigung", sagt ein Sprecher.

 

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